Donnerstag, 17. Juni 2010

Was ist Lolita-Mode und wo kommt sie her?

Im Jahre 2009 fand in Bonn zum ersten Mal der Dunkelsüß Lolita-Markt statt, mit dem Anspruch den Liebhabern dieser Mode eine eigene kleine Messe zu geben, auf der junge Modelabel sich vorstellen und alle Interessierten sich informieren und mit Kleidung und Accessoires eindecken können. Als Macher haben wir uns natürlich noch mehr überlegt und hinter den Kulissen für Wochen gewerkelt und geplant. Und dabei ist auch ein Vortrag mit Präsentation entstanden, den ich am gesamten Markt-Wochenende mehrmals vor wechselndem Publikum vortragen durfte.


Scarletsedusa hat dafür eine wunderschöne Präsentation aus unseren Bildern und Stichpunkten gebastelt (Sie kann wirklich beeindruckend gut mit Powerpoint!) und ich habe einen Vortrag dazu geschrieben. Diesen habe ich umgearbeitet und in Themenblöcke eingeteilt, die ich nach und nach hier veröffentlichen werde. Der nächste Einsatz der Powerpoint-Präsentation kommt auf der AnimagiC 2010!
Der folgende Beitrag soll einen Vorgeshcmack auf den Vortrag am kommenden Wochenende geben.

Auch für Leute die den Vortrag auf dem letzten Dunkelsüß-Markt gehört haben, heißt das jetzt nicht automatisch, dass sie den folgenden Artikel überspringen sollten!

Denn ich habe den Originaltext wirklich großzügig überarbeitet um ihn an das neue Medium anzupassen. Nicht alles, das sich gut liest, lässt sich auch gut vortragen und umgekehrt.
Ich habe den Vortrag in folgende Artikel neu eingeteilt:

1. Teil: Was ist Lolita-Mode und wo kommt sie her?


2. Teil: Was sind „Stile“ ?

Und den letzten Teil, der hauptsächlich aus Beispielfragen mit Antworten bestand, habe ich durch einen persönlichen Erfahrungsbericht ergänzt. Denn schließlich sollten mehr als acht Jahre Beschäftigung mit dieser Mode auch zu etwas gut sein, außer einem überfüllten Kleiderschrank. (Und nichts zum Anziehen hat frau ja trotzdem immer!)

Demnach Teil 3: Und was wenn.....?


Was ist eigentlich Lolita-Mode?

Wenn ich in einem Satz zusammenfassen müsste, was Lolita-Mode ist, würde ich sagen: ein historisierender Kleidungsstil, dessen Ziel es ist ein puppenhaftes Aussehen zu erreichen.

Historisierend ist diese Mode, weil sie vor allem an europäische Geschichte angelehnt ist und Elemente aus den Stilen vergangener Epochen aufnimmt.

Entstanden ist diese Moderichtung in Japan in den 1970er bis 1980er Jahren und hat sich bis heute stark weiterentwickelt. Hier in Europa kam der große Boom in etwa um die Jahrtausendwende.

Mittlerweile kann man Lolita in viele verschiedene Stil-Untergruppen einteilen, auf die ich später eingehe. Diese sogenannten Stile müssen als Kategorien entstanden sein, als Lolita-Mode immer facettenreicher wurde und bieten bis heute ein gutes Hilfsmittel zur Beschreibung. Sie ermöglichen es die Beschreibung eines Outfits genauer zu machen, da man in den Kategorien eine Eingrenzung dessen vornimmt, was in der Mode grundsätzlich möglich ist. Um es kurz zu sagen, man nimmt einen Teil vom großen Ganzen um den Bereich besser einzugrenzen. So steht z. B. der Stil Sailor Lolita für Kleidung im Lolita-Stil, die sich an Matrosenkleidung orientiert. Anstatt zu sagen ich trage Lolita-Mode und habe mir ein Outfit zusammengestellt, dass an Matrosenkleidung erinnert, kann ich auch einfach sagen: „Ich trage Sailor Lolita“. Kurz und knapp.

Insgesamt wird viel Wert auf Sorgfalt, Qualität der Materialien und Zurückhaltung, im Gegensatz zu Freizügigkeit, gelegt.

Wenn man sich einige Lolita-Outfits ansieht, dann wird man feststellen, dass insgesamt sehr wenig Haut gezeigt wird. Kleider werden nie über tiefe Ausschnitte verfügen und die Rocklänge wird deutlich länger sein als die moderner Mini-Röcke.

Die typische Silhouette eines Lolita-Outfits setzt sich zusammen aus einem etwa knielangen, glockenförmig ausgestellten Rock, einem figurnah geschnittenem Oberteil, häufig mit Puffärmeln, aber immer hochgeschlossen, und einer Frisur mit Accessoires wie Hüten oder Schleifen oder anderem. Außerdem wichtig sind blickdichte Strümpfe, elegante oder niedliche Schuhe, ein Petticoat und ein Paar Bloomer.

Die Anleihen dieser Moderichtung reichen zurück über das viktorianische Zeitalter bis hinein zum Barock und Rokoko.

Aus dem Barock und Rokoko stammen z. B. Elemente wie ellenbogenlange Ärmel, Stehkragen, eckige Ausschnitte, Verzierungen mit vielen Schleifen und noch einige andere mehr.

Aus der viktorianischen Zeit sind vorallem die farbigen Strümpfe entlehnt, Kopfbedeckungen wie Bonnets und Zylinder, Matrosenkleider, geraffte Röcke mit Schößchen etc.

Dass die Designer von Lolita-Mode sich tatsächlich von früheren Epochen inspirieren lassen, kann man meiner Meinung nach am besten mit Bildvergleichen illustrieren.

Einer meiner liebsten Vergleiche dabei ist der Carrick des König Ludwig I. Von Bayern und einem Mantel aus der Herbst/Winter-Kollektion von 2004 der japanischen Lolita-Marke Metamorphose temps de Fille.
Doch die Entwicklung ist damit noch nicht abgeschlossen. Mittlerweile zählt ja auch schon das 20. Jahrhundert zur Geschichte und wird auch heute schon als historisches Element integriert, wie ein paar Beispiele zeigen, die sich auf die 60er Jahre beziehen, die Punk-Mode, oder die 80er und 90er Jahre.

Außer auf tatsächlich historische Elemente nimmt Lolita-Mode aber auch Bezug auf ganz bestimmte Motive, die häufig aus Märchen stammen. Märchen wie Schneewittchen, Rotkäppchen oder Dornröschen geben immer wieder Inspiration für neue Kollektionen.

Eine ganz bedeutende Rolle nimmt dabei Alice im Wunderland ein. Alice-Motive finden sich mit Abstand am häufigsten, wie z. B. die Figuren aus der Geschichte selbst oder Spielkartenmotive und Kronen.

Lolita ist eine sehr romantische und verspielte Moderichtung, deren Zielgruppe hauptsächlich junge Frauen und Mädchen sind. Doch auch außerhalb dieser Hauptzielgruppe gibt es viele Liebhaber der Mode, weshalb einige Marken spezielle Männerlinien eingeführt haben. So produziert z. B. das japanische Label Alice and the Pirates, dass als Sub-Label von Baby, the Stars Shine Bright entstanden ist und Kleidung in Anlehnung an Piraten macht (Fluch der Karibik lässt grüßen!), bestimmte Kleidungsstücke sowohl in Herren- als auch Damengröße. Und eine Altersbegrenzung um modisch zu sein, gibt es grundsätzlich nie!

Outfit des Monats Juni